Groth - Steuerberater -

Michael Groth

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Aktuell


20.01.2022

Bedeutung von Betriebsvermögen für Befreiungsanspruch gem. § 150 Abs. 8 AO

Der 1. Senat des Finanzgerichts Schleswig-Holstein hatte sich in einem Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2021 mit der Frage zu befassen, ob der Klägerin ein Anspruch gem. § 150 Abs. 8 AO auf Befreiung von der Verpflichtung zur Übermittlung ihrer Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung im Wege der Datenfernübertragung für das Streitjahr 2019 zustand, weil ihr dies wirtschaftlich unzumutbar war.

Die Klägerin hatte die Unzumutbarkeit damit begründet, dass sie nicht über die erforderliche technische Ausstattung verfügte, um eine Übermittlung per Datenfernübertragung vorzunehmen. Die Anschaffung einer solchen Ausstattung sei ihr angesichts ihrer Ertragslage im Streitjahr (Verlustjahr ohne Umsätze), auf die es nach der BFH-Rechtsprechung allein ankomme nicht zuzumuten. Das beklagte Finanzamt hatte das Vorliegen einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zum einen deshalb verneint, weil er meinte, die Klägerin auf die Nutzung der mutmaßlich bei ihr nahestehenden Dritten vorhandenen Ausstattung verweisen zu können. Zum anderen vertrat er die Ansicht, dass auch die Vermögensverhältnisse der Klägerin zu berücksichtigen seien und es ihr angesichts ihres Barvermögens in Höhe von etwa 19.000 Euro durchaus zumutbar sei, die technischen Voraussetzungen für die Datenfernübertragung herzustellen.

Der 1. Senat ist der Sichtweise des Finanzamts im Ergebnis nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Es stellt zunächst klar, dass allein auf die bei der Klägerin selbst vorhandene technische Ausstattung abzustellen sei und sie sich die bei anderen Rechtssubjekten vorhandene Ausstattung nicht zurechnen lassen müsse, was auch für eine etwaige Ausstattung ihres Geschäftsführers gelte.

Die Anschaffung der technischen Ausstattung durch die Klägerin sei dieser wirtschaftlich nicht zuzumuten. Zwar weise das Finanzamt zu Recht darauf hin, dass insofern nicht allein auf die Ertragslage der Klägerin abzustellen sei, sondern vielmehr auch ihre Vermögensverhältnisse in den Blick zu nehmen seien. Allerdings müsste die Klägerin vorliegend bei zu erwartenden Aufwendungen in Höhe von 1.500 bis 2.000 Euro etwa 8 – 10 % ihrer gesamten Vermögenssubstanz einsetzen, um die erforderlichen technischen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung herzustellen. Damit sei die Zumutbarkeitsgrenze überschritten.

Die vom 1. Senat zugelassene Revision ist nicht eingelegt worden. Die Entscheidung ist daher rechtskräftig.

FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 23.12.2021 zum Urteil 1 K 12/21 vom 08.07.2021 (rkr)